Nomadenkultur in der Westsahara 

Die materielle Kultur der Mauren, ihre handwerklichen Techniken und ornamentalen Grundstrukturen

1. Auflage: 16 + 765 S., Burgfried-Verlag Hallein 1983.
3. Auflage: 16 + 765 S + 32 S. Beiheft, 2 Falttafeln, 712 Abbildungen (überwiegend Fotos), Verlagsbuchhandlung Creyaufmüller, 
    Stuttgart 1995, ISBN 3-9801032-1-8.

Die folgende Beschreibung erschien auch als Autorenkurzfassung (abstract) in der Zeitschrift 'Sahara-Info', Nr. 1, Januar 1983, S. 9, die englische Fassung gekürzt in 'abstracts in german anthropology', no. 12, Göttingen 1989, no. 89-059:

 

Wohl mitbedingt durch die verwickelte kolonialpolitische sowie moderne nationalstaatliche Ausgangssituation und der dadurch naturgemäß erschwerten Forschung lag die westliche Sahara nie im Brennpunkt ethnologischer Interessen. Trotzdem war und ist dieser Großraum ein dreh- und Ausgangspunkt religiöser, politischer, wirtschaftlicher Strömungen und Impulse: Erinnert sei an die Almoravidenbewegung, die Islamisierung Westafrikas, die Rohstoffkonflikte. Bei all dem fand das, was wir heute nomadische Kultur nennen, Verbreitung, oder erfuhr eine Bereicherung bzw. Einwirkung von außen. Wer den historischen Hintergrund der Westsahara nicht kennt, wird immer wieder erstaunt sein, wie weit die kulturellen Verbindungen westsaharischer Nomaden reichen. Augefällig und offenbar werden sie auch im materiellen Inventar, den vielen Kleinigkeiten des alltäglichen Lebens genauso wie, abstrahierend, im Ornamentreichtum der Kultur.

Dem Bereich der materiellen Kultur, die immer als ein sinnlich wahrnehmbarer Ausdruck des Geisteslebens verstanden wird, widmet sich diese Studie. Das Untersuchungsgebiet war der westsaharische Großraum mit seinen Randgebieten, unberücksichtigt von der politischen Aufteilung. Der Untersuchungszeitraum umspannt mittels eigener Feldforschung die 2. Hälfte der 70er-Jahre, mittels Museumssammlungen die Zeit zurück bis 1880, den ältesten heute noch existierenden Objekten. Über Abbildungen und Berichte konnten weitere Jahrzehnte der Vergangenheit beleuchtet werden.

Ein Ziel der Arbeit war, die materielle Kultur umfassend darzustellen und dabei zu gliedern nach den primären Materialbereichen Leder, Gewebe, Holz, Metall, Keramik. Zu jedem besprochenen Objekt wurden Abbildungen beigefügt. 
Bei den Lederarbeiten stehen Säcke, Taschen und Umhüllungen aller Art im Vordergrund. Alle sind in der Regel reich verziert und bunt bemalt. 
Gewebe beschränken sich auf Zelte (bzw. deren Herstellung) und Kleidung. 
Hölzerne Gegenstände finden wir überwiegend beim Hausrat und Mobiliar
Einen Großteil der metallenen Gegenstände macht der Schmuck aus, vornehmlich der Frauenschmuck, dem besondere Aufmerksamkeit gewidmet wurde. 
Keramik und Steinobjekte hingegen haben nur rudimentäre Bedeutung.

Weiterhin wurde der handwerkliche Entstehungsprozess verfolgt und exemplarisch soweit in Einzelheiten erläutert, dass er nachvollzogen werden kann. Hierbei zeigte sich schnell, dass die heute arbeitenden Handwerker nicht mehr in der Lage sind, das auch nur annähernd qualitativ zu leisten, was vor Jahrzehnten normal war. Deshalb musste sich die Untersuchung teilweise Methoden bedienen, wie man sie aus der Archäologie kennt, um das herauszuarbeiten, was sich schon heute nicht mehr erfragen lässt.

Um den Ornamentbestand zu erfassen und späteren vergleichenden Studien zugänglich zu machen, wurde er nach seinen Basiselementen untersucht und diese, so weit es ging, af ihren möglichen Ursprung zurückverfolgt. Auch hier wurde das Prinzip eingehalten, Beobachtetes von Erschlossenem zu trennen und ersteres durch Fotos umfangreich zu belegen.

Ohne die großen Sammlungen in mitteleuropäischen Museen wäre heute schon eine Darstellung der materiellen Kultur der Westsahara nicht mehr möglich - der Substanzverlust infolge Dürre und Krieg war zu groß. So muss man diese Arbeit einmal als Synchronschnitt der Jetztzeit verstehen, andererseits als versuchte diachronische Darstellung der vergangenen hundert Jahre. Aspekte des Kulturwandels werden vielfach angesprochen, aber nicht generell behandelt. Das genau untersuchte Basismaterial war die Westsahara-Sammlung des Linden-Museums in Stuttgart, die hier nahezu vollständig publiziert wurde, ergänzt durch Bestände aus Neuchâtel, Wien, Paris, Offenbach und vielen Privatsammlungen. Von diesen Objekten stammen die meisten der übe 700 Fotos und Abbildungen.

Alle arabischen, berberischen Ausdrücke wurden gesammelt und in einem ca. 1500 Stichworte umfassenden Glossar/Register erläutert. Es ist dies die erste Sammlung der hassaniya-Begriffe zur materiellen Kultur im deutschen Sprachraum. Ein ergänzendes Glossar fasst alle erwähnten Holz- und Nutzpflanzen zusammen.

Soweit die 1983 geschriebene Zusammenfassung. Nachfolgend die englische Kurzfassung, die erst 6 Jahre später gedruckt wurde:

abstract: Nomadic Culture in the Western Sahara. The Material Culture of thr Moors. Their Techniques and Ornamental Structures

The author presents the material culture of the West Saharan region whereby his study is structured according to the used material. Leather, textiles, wood, metal and ceramics are the overall categories which are illustrated with several examples. Furtheron the manufacturing process is presented and explained in detail whereby the author states that modern craftspeople cannot reach the high quality in their work which was considered normal a few decades ago. In order to grasp the complexity of the ornamentic symbols in the West Saharan cultures and enable a future comparison with other cultures, the author analyzed the very basic elements and whenever possible their origin as well. The investigation of the amaterial culture is mainly based on the museum collection of the Linden-Museum Stuttgart, and complemented by objects from the museums in Neuchatel, Vienna, Paris, Offenbach and some private collections.

Nach über 15 weiteren Jahren kann heute im Rückblick durchaus gesagt werden, dass in Mauretanien die Nomadenkultur durch die Landflucht verändert wird - 30% oder mehr der Bevölkerung lebt inzwischen in der Hauptstadt Nouakchott. 
Im Bereich der DARS (Saguia el Hamra und Rio de Oro) wurde die materielle Kultur durch den Krieg seit 1975/76 fast vollständig zerstört. Die Handwerker in den Lagern auf algerischem Territorium fertigen überwiegend verkleinerte Modelle (Kinderspielzeug) an. Dies wird durch gelegentliche Ausstellungen hinreichend belegt.
Die oben beschriebene Arbeit ist rückblickend zu einem Kulturvermächtnis geworden.

Letzte Bearbeitung: 27-9-2005

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