Nachholbedarf

 

Peter Burkowitz: Grundlagen der Arithmetik und der Algebra – ein Begleitbuch für die Oberstufe. 346 S., brosch. E 18,–. Chris-Lowdon-Stiftung, Hannover 2002 

 

Das Begleitbuch für die Oberstufenmathematik erhebt nicht den Anspruch, ein Lehrbuch zu sein. Es umfasst thematisch den Bereich der grundlegenden Rechenfertigkeiten, die bis zur 10. Klasse angelegt und gelernt sein sollten. Später braucht man die einzelnen »Bausteine« als Handwerkszeug und kann als Lehrer nicht ständig die Basis wiederholen, als Schüler nicht ständig den Frust ertragen, Grundlegendes immer noch nicht zu können. Hier setzt das Buch an. Aus langjähriger Praxis werden ausgewählte Kapitel, die häufig wiederholt werden müssen, dargeboten. Es wird erklärt und das Sprachniveau so gehalten, dass sich ein schwacher Schüler nicht mit zuviel Theorie überfrachtet fühlt. 

Ein kritischer Punkt sind die umgangssprachlichen Äußerungen, worunter eine genaue mathematische Erklärung leidet. So wird gleich zu Beginn die wichtige Differenzierung bei den irrationalen Zahlen in algebraische und transzendente nicht gemacht, was immer wieder zu Erklärungsnöten führt. Bei der Darstellung der Grundrechnungsarten fehlt mir der Hinweis, dass es eigentlich sechs wesensverschiedene sind. Gerade schwache Schüler kommen aus dem Gleichgewicht, wenn sie nicht mehr wissen, dass Aufaddieren und Abziehen zur Subtraktion, messendes Vergleichen und Teilen zur Division zusammengeflossen sind (S. 12 f.) – die drei höheren Rechnungsarten blieben ja erhalten.

Erschüttert war ich beim Lesen von S. 25, als beim Kürzen die Exponenten gestrichen wurden. Genau dies machen so viele Schüler immer wieder falsch. Einige Seiten später wird Arithmetik mit Geometrie erklärt – dies sollte man doch besser sauber trennen.

Auch bei den binomischen Formeln gibt es Verwirrung stiftendes: a2 —> der quadratische Term, 2ab —> der lineare Term, b2 —> der absolute Term. Hier werden Gedanken aus anderen Bereichen (z.B. Analytische Geometrie oder Funktionenlehre) auf die Arithmetik übertragen, wo sie so nicht hingehören. Von was ist denn der eindeutig quadratische Term b2 losgelöst? Wäre irgendwo »absolutus« als Wort erklärt, wäre vieles, auch an anderen Stellen, leichter verständlich. Beim binomischen Lehrsatz kommen klare, einfache Regeln nicht deutlich genug heraus.

Dies mag als Beispiel für die Detailkritik genügen, ich hätte noch viel in ähnlicher Weise anzumerken. Es kann auch nicht jeder Rechenfehler genannt werden, aber Nanometer sind doch 10-9 m (S. 345). Die Formelsammlung ist ein Auszug aus gängigen Werken, ersetzt diese keineswegs und enthält das Nötigste (kleine Fehler, leider manchmal mehrere pro Seite, mindern die Freude), ich würde mir einige Ergänzungen wünschen und anderes, was gar nichts mit dem Buchinhalt zu tun hat, weglassen.

Mit einem nötigen Korrekturblatt kann das Buch mit Einschränkung empfohlen werden. Es bündelt zentrale Kapitel aus vier bis fünf Schuljahren. Manches könnte gestrafft, anderes ergänzt werden. Schüler­, die Nachholbedarf haben, können damit arbeiten. Eine gründliche Lektorierung ist vor einer Neuauflage dringend erforderlich.

Jede Medaille hat zwei Seiten. Nach obiger kritischer Betrachtung gab ich das Buch meinen SchülerInnen der Klasse 12 und 13. Sie äußerten sich durchaus positiv und würden mit diesem Übungsbuch arbeiten wollen. Ich betrachte dies als Empfehlung dritter Seite.

Wolfgang Creyaufmüller (Aachen)