Bojan Dimov

Konfrontation Epilepsie. Eine ungewöhnliche Erfolgsgeschichte

208 S., geb. € 20,–. Ibera Verlag, Wien 2004

 

In dieser Autobiographie kämpft ein junger Mensch, der seit früher Kindheit an epileptischen Anfällen leidet, um einen Platz im Leben, wo er etwas leisten darf, statt per Schwerbehindertenausweis in die Rolle des Opfers gedrängt und ins Abseits verbannt zu werden.

In seiner Kindheit wächst er in einem Schweizer anthroposophischen Internat und im Michaelshof Hepsisau auf. Während ihm in der Schweiz die Herzenswärme der Heimbegründerin Geborgenheit gibt, fühlt er sich in Hepsisau von morgens bis abends bewacht und beengt. In einem Epilepsiezentrum, wo er mehr Freiraum hat, bricht sein innerster Impuls nach Selbstgestaltung durch: Er gründet einen gut laufenden Getränkeladen und schließt die Regelschule erfolgreich ab.

Nun lehnt er jede staatliche Beschützung etwa durch ein Berufsfindungsjahr oder die Ausbildung in einem großen Fachzentrum ab. Auf der Suche nach einem Beruf begegnet er einem österreichischen Maler, der zu ihm sagt: »Nimm diesen Klumpen Ton in die Hand und forme etwas daraus!« Bojan schließt die Augen und formt einen urigen Kopf. »Keramik!«, so der Maler.

Nach zwei Berufsausbildungen (zum Keramiker/Kachelofenbauer und zum Industriekaufmann) durchläuft der Autor in fünf Jahren rund 30 Firmen, immer wieder wegen der Sturzanfälle gekündigt. Mehr und mehr erkennt er, dass er nicht sein kann und will wie die anderen: »Meine Chance bestand im Ungewissen, Unplanbaren – mit all seinen anderen, intensiveren Höhen und Tiefen.« Aus dieser Erkenntnis erwachsen ihm ungeahnte Ressourcen, die ihn trotz steigender Verzweiflung und Einsamkeit durchhalten lassen.

In der Schweiz findet er einen Keramiker, zu dem er gleich solches Vertrauen fasst, dass er direkt von der Krankheit zu sprechen wagt. Die Antwort: »Ich bin Anthroposoph. Mir macht Ihre Epilepsie nichts aus.« Tatsächlich akzeptiert dieser Geschäftsführer die vielen Sturzanfälle im Betrieb. Aber ein halbes Jahr später wird die Firma verkauft, Bojan steht mit bis zu drei Anfällen täglich allein da, arbeitsloser Ausländer in der Schweiz mit ablaufender Jahresbewilligung ohne Verlängerungschance. In dieser Situation gerät er an die Uniklinik Zürich, wo Epilepsie-Chirurgie entwickelt worden ist. Eine erfolgreiche Gehirnoperation ist für ihn gerade noch möglich, aber er muss dafür 100.000 Sfr aufbringen, was er bei Stiftungen, Fonds und Unternehmen erreicht.

Seit seiner Operation beim weltbesten Spezialisten ist er anfallsfrei. Er studiert Waldorfpädagogik, beginnt danach aber, durch Vorträge in Wirtschaftsunternehmen über das Thema »Behinderung und Eigenverantwortung« das Management für ungewöhnliche Lebensläufe und Laufbahnen zu sensibilisieren – belegen doch amerikanische Studien, dass gerade »behinderte« Mitarbeiter sich ungewöhnlich stark engagieren und zum Erfolg des Unternehmens beitragen. Auch auf medizinischen Kongressen und demnächst im deutschen Fernsehen wirbt der Autor für die Selbstverantwortung des Patienten. Sein langfristiges Ziel ist eine Stiftung, die den Epilepsiebetroffenen Hilfe zur Selbsthilfe anbietet.

Aus dieser Autobiographie können viele, nicht zuletzt auch junge Menschen Anstöße für eine neue Lebensbewertung mitnehmen.

Klaus Schickert

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