Thomas Grube und Enrique Sánchez Lansch (Regie)

Rhythm is it!
Film: Deutschland 2004, 100 Min.
Darsteller: 

Berlin, Januar 2003. In einem ehemaligen Omnibus-Depot, jetzt die Treptower Arena, geschieht Erstaunliches: 250 Berliner Kinder und Jugendliche aus 25 Nationen tanzen vor ca. 3000 Zuschauern zu Strawinskys »Le sacre du printemps« nach einer Choreographie von Royston Maldoom, begleitet von den Berliner Philharmonikern. Es ist das erste große Education-Projekt des Orchesters unter seinem Chefdirigenten Sir Simon Rattle.

Zu den Tänzern gehören neben Schülern zweier Berliner Tanzschulen und Grundschulen auch viele Hauptschüler, die sich freiwillig für dieses Projekt gemeldet haben. Ihre Probenarbeit wird in diesem Film, der die sechs Wochen bis zur Aufführung dokumentiert, eingehend gezeigt. Besonders vertraut werden uns drei junge Menschen: Marie, die um ihren Hauptschulabschluss bangt. Olayinka aus Nigeria, erst seit kurzem in Berlin, als Kriegswaise völlig auf sich gestellt. Martin, der seinen als zu eng empfundenen Heimatort hinter sich gelassen hat und versucht, seine inneren Barrieren zu überwinden. Royston Maldoom, der englische Tanzlehrer, und sein Team versuchen beharrlich und mit großer Liebe, den Schülern, die z. T. noch nie mit klassischer Musik in Berührung gekommen sind, die Tanzschritte beizubringen. Im Verlauf der Proben erfahren die Jugendlichen Höhen und Tiefen, Unsicherheit, Selbstbewusstsein, Zweifel und Begeisterung. Sie entdecken neue Seiten der eigenen Persönlichkeit und erleben am Ende der eindrucksvollen Aufführung vielleicht zum ersten Mal das Gefühl, etwas Großes geleistet zu haben und von anderen anerkannt zu werden. Daneben gewährt uns der Film auch spannende Einblicke in die Probenarbeit der Berliner Philharmoniker, die sich seit dem Amtsantritt ihres neuen Dirigenten Sir Simon Rattle anschicken, ihre Arbeit auch in Räume außerhalb des Konzertsaals zu tragen. Wir erfahren Hintergründe zu Strawinskys Musik, die sie auch den Menschen, die sie nicht als »ihre« Musik bezeichnen würden, nachvollziehbar macht. Sowohl Simon Rattle als auch Royston Maldoom, der seit 30 Jahren Tanzprojekte an sozialen Brennpunkten realisiert, berichten aus ihren Biografien und erläutern die Hintergründe ihres sozialen Engagements. Dass die Interviews mit Olayinka, Maldoom und Sir Simon Rattle alle auf Englisch sind (größtenteils gut verständlich und mit Untertiteln), trägt zur Eindrücklichkeit des Films bei. Die Filmemacher Grube und Lansch erlebten diesen subjektiv geprägten und mit starker Anteilnahme gedrehten Dokumentarfilm (muss das ein Widerspruch sein?) als ein großes Abenteuer. Ihr Anliegen war es, im Film Musik lebendig und erfahrbar zu machen. Dazu passt, dass Sir Simon Rattle am 8. Oktober 2004 mit dem Preis der Comenius-Stiftung für sein besonderes Engagement, Jugendlichen kulturelle Bildung zu vermitteln, ausgezeichnet wurde. Der Film begeistert mit seiner Darstellung der tanzenden Teenager, ihrer Lehrer und des wachsenden Respekts voreinander. Er ist eine Verbeugung vor der Musik und ihrer konkreten Umsetzung. Spannend ist er vor allem für ältere Jugendliche und Erwachsene. Wer sich für mehr Hintergrundinformationen interessiert, wird im Internet fündig unter www.rhythmisit.de In diesem Zusammenhang soll auch darauf hingewiesen werden, dass die Kulturstiftung der Länder unter dem Titel »Kinder zum Olymp« in ihrer Jugendkulturinitiative bundesweit zum Wettbewerb einlädt. Schulklassen oder Schülergruppen sind aufgefordert, in Kooperation mit einer örtlichen Kultureinrichtung (alles ist möglich vom privaten Puppentheater bis zum Opernorchester) Projektideen zu entwickeln und bis zum 15.11.04 zu melden. Der Abschluss und die Einreichung der Unterlagen sind zum 1.3.2005 vorgesehen. Näheres unter www.kinder-zum-olymp.de

Hella Kettnaker

 

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